Lehrerinnen und Lehrer in Los Angeles machen mobil
Zur Situation
Die USA, ihre Menschen, ihre Zivilgesellschaft sind noch nicht mundtot. Dem Würgegriff von Machtbesessenen und Ultra-Kapitalisten entziehen sich beherzte US-Bürgerinnen- und bürger immer noch und immer wieder. So machen seit wenigen Tagen Lehrerinnen und Lehrer in Los Angeles [LA] den Verwaltern ihrer Rentenkassen Druck.
Wo es hier in Deutschland die Ausnahme ist, Rücklagen z. B. für die Ruhestandsbezüge von Beamtinnen und Beamten1 in Aktien anzulegen, sind diese Rücklagen in den USA dagegen weitgehend auf dem Aktienmarkt unterwegs, d. h. sie unterliegen der Spekulation und dem Profit.
Die Aktion
Druck machen die mutigen Lehrerinnen und Lehrer dadurch, dass sie plakativ fordern, ihre Rücklagen sollen bestimmten Devestitionen2 unterworfen werden. Bekannt geworden ist der Begriff Devestition im Kontext der in vielen Ländern erfolgreichen BDS-Kampagne (boycott, divestment and sanctions)3. Diese Kampagne versteht sich als Einspruch gegen die jahrzehntelange rechtswidrige Diskriminierung palästinensischer Menschen in Israel und zudem als praktische Solidarität mit Palästinenserinnen und Palästinensern. Und genau hier schließt die Forderung der Lehrerschaft an.
Im Detail
Unser Beitrag stützt sich auf eine Nachricht der US-amerikanischen, ursprünglich feministischen Friedens- und Menschenrechtsorganisation CODEPINK vom 01.04.2025. Diese legen wir im englischen Original4 und in einer Übersetzung5 vor.
Bemerkenswert im CODEPINK-Artikel ist eine an Informationen reiche Liste derjenigen Firmen und Konzerne, in welche die Renten-Rücklagen der Lehrerinnen und Lehrer in LA investiert werden. Aus deren Sicht sind das alles Unternehmen, deren Produkte (Waffen, Kriegsgerät u. a.) entscheidend am gegenwärtigen Völkermord an der Bevölkerung in Gaza beteiligt sind. Eine pikantes Detail dieser Liste: In Freiburg und Umgebung springt der Name des Konzerns NORTHROP GRUMMAN in die Augen. Dieser betreibt in Freiburg einen Zweigbetrieb seines profitablen, tödlichen Gewerbes.
Ebenso bemerkenswert und geradezu berührend ist eine Szene, in der die Autorin des CODEPINK-Artikels die Vielfalt der Proteste gegen den Völkermord in Gaza beschreibt:
„Im März 2023 sammelte der israelische Finanzminister Smotrich – der unverhohlen ethnische Säuberungen und den „moralisch“ herbeigeführten Hungertod befürwortet – Geld auf der ‚Israel Bonds-Konferenz‘ im Grand Hyatt in Washington DC. JVP6-Rabbiner und Rabbiner-Studenten versammelten sich in der Vorhalle des Hotels, um es in ein Beit Midrash (Saal für Thora-Studien) zu verwandeln und dort die „Thora der Devestition“ zu lehren. Nachdem die Sicherheitskräfte sie aus dem Hotel gewiesen hatten, trugen die Rabbiner und ihre Studenten die „Torah of Divestment“ auf die Straße und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift „Hier wird die Apartheid finanziert“.
Eine Handvoll Sand
Obwohl der CODEPINK-Artikel annimmt, dass der Protest der Lehrerinnen und Lehrer in LA Aussicht auf Erfolg hat, ist es doch kaum mehr als eine Handvoll Sand, was die Protestierenden in das Getriebe der gigantischen US-Unterstützung des Völkermords werfen. Den Lehrerinnen und Lehrern gebührt Respekt, mehr noch, aktive Solidarität. Vor dieser schrecken die hiesigen Lehrerverbände und Lehrergewerkschaften zurück.
Wo doch gilt:
„Deutschland, Österreich und Tschechien haben die BDS-Kampagne als antisemitisch eingestuft. Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet sie als ‚extremistischen Verdachtsfall‘“.7
Eine persönliche Einordnung
Reden wir kurz über Verdachtsfälle. „Extremistische Verdachtsfälle“, die gibt es. Allerdings sollten nach Auffassung des hier Schreibenden unter dieser Rubrik – und das nicht nur in Deutschland – alle diejenigen Akteure in Politik und Medien aufgelistet werden, die dem Horror in Gaza feige und obrigkeitshörig zuschauen. Sie alle stehen im dringenden Verdacht, schweigend mitschuldig zu sein an einem der schwersten Verbrechen, das die Menschheit kennt, dem Völkermord.
08.04.2025
k.sch.
Anmerkungen
0 Die Redaktion dankt UNWRA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten) für das vertraglich überlassene Nutzungsrecht am Bild zu diesem Beitrag. Die Bildunterschrift lautet übersetzt etwa: „Ein vertriebenes palästinensisches Kind sitzt auf den Trümmern einer zerstörten UNRWA-Schule in Nuseirat, Gaza-Streifen. © 2024 UNRWA-Archiv, Fotograf Unbekannt."
1 https://www.familiengerechtigkeit.de/2022/08/staatliche-ruecklagen-fuer-beamtenversorgung/ [aufgerufen am 08.04.2025]
2 Hier im Beitrag wie auch in der Übersetzung des CODEPINK-Artikels wird die Übersetzung ‚Devestition‘ für das englische ‚Divestment‘ bevorzugt.
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Boycott,_Divestment_and_Sanctions [aufgerufen am 08.04.2025]
4 https://www.codepink.org/retiregenocidecalstrs [aufgerufen am 08.04.2025]
5 Übersetzung als PDF in der Bibliothek
6 "Jewish Voice for Peace ist die weltweit größte Organisation, die solidarisch zu Palästina steht." https://www.jewishvoiceforpeace.org/ [aufgerufen am 08.04.2025]
7 S. Anmerkung 3.