Erfolgreiche 10. Herbsttagung in Überlingen


Dr. Till Bastian  Bild:©awc_ks
Auch die 10. öffentliche Herbsttagung von AWC Deutschland e.V. in Überlingen setzte einen deutlichen zivilgesellschaftlichen Akzent. Die Tagungen der Weltbürger & Weltbürgerinnen sind ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens der kleinen Stadt am Bodensee. Dies spiegelt nicht zuletzt die ausgezeichnete redaktionelle Begleitung der Tagung durch die örtliche Presse wider.
In den Tagungen der vergangenen zehn Jahre versuchte AWC Deutschland e.V., Bausteine eines noch zu entwickelnden Weltbürgertums zusammenzutragen. Die Rahmenthemen der Tagungen waren so angelegt, dass jeweils ein anderes Problem bzw. ein anderer Blickpunkt von weltbürgerlicher Relevanz angeschaut und diskutiert wurde.

Im Jubiläumsjahr näherten sich die Veranstalter, die Referentin und die Referenten dem Thema:

Unser Bild vom Menschen - Beiträge zu einer kosmopolitischen Verantwortung.

Ingrid Schittich, die 1. Vorsitzende des Vereins, eröffnete die Tagung mit Begrüßungsworten, die bald in eine schonungslose Entlarvung der sog. westlichen Werte einmündeten. Mit der Frage nach dem Gegenentwurf zur vorherrschenden Giergesellschaft gab sie den Staffelstab an den Arzt und Schriftsteller Dr. med. Till Bastian aus Isny weiter.

In seinem Grundsatzreferat ging Till Bastian verschiedenen Aspekten von Verantwortung, von gedanklicher Verankerung des Weltbürgertums und dessen emotionalen Voraussetzungen nach. Sein Konzept des Kosmopolitismus führt u.a. zu vier Handlungsprinzipien, die einen radikalen Paradigmenwechsel mit sich bringen:
dem Prinzip VERANTWORTUNG als ethischem Grundprinzip,
dem Prinzip VORBEUGUNG als politischem Grundprinzip,
dem Prinzip NACHHALTIGKEIT als ökonomischem Grundprinzip,
dem Prinzip ANPASSUNG als ökologischem Grundprinzip.

Die junge Deutsch-Palästinenserin Elizabeth Fleckenstein leitete mit ihrem Referat kompetent und leidenschaftlich engagiert den Nachmittag der Tagung ein, der dem Thema Flüchtlinge gewidmet war. Die Verbindung zum Rahmenthema sah Klaus Schittich, der die Referentin vorstellte, in der Frage, ob die Flüchtlinge möglicherweise die Vorboten einer Weltgesellschaft sind, mit der unsere Gesellschaft noch nicht zurecht kommt.

 Elizabeth Fleckenstein  Bild: © privat
Elizabeth Fleckenstein aus Freiburg, die den meisten Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmern schon aus TV und Hörfunk des SWR bekannt war, fügte Informationen zur rechtlichen Grundsituation der Flüchtlinge, zur Arbeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz  (IKRK) und zur Rolle der UNO mit ihren eigenen Erfahrungen als Flüchtlingshelferin in verschiedenen Krisengebieten zu einem dichten Bild zusammen.
Selten war das politische Geschehen der „großen Welt“ auf einer AWC-Tagung so authentisch präsent wie im Vortrag von Elizabeth Fleckenstein. Mit großer innerer Zuwendung verfolgten die Zuhörerinnen und Zuhörer z.B. die Schilderung ihrer Arbeit als Mitarbeiterin des IKRK in Kolumbien. Dort verhandelte sie im IKRK-Team zwischen den Fronten von FARC und staatlichem Militär. Die strenge Neutralität des IKRK war dabei die Basis für das sich Schritt für Schritt entwickelnde Vertrauen der Kontrahenten zu Elizabeth Fleckenstein und ihren Kolleginnen und Kollegen. Ingrid Schittich fasste ihren Respekt vor dieser jungen Frau so zusammen: „Wie kann man nur so jung und schon so reif sein!“

Auch der Journalist und Filmemacher Jürgen Weber stellte Flüchtlinge in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Persönlich ist der Konstanzer seit über zwei Jahrzehnten mit Roma verbunden, mit ihren Schicksalen und mit den Schwierigkeiten, die mit der Arbeit für sie in Deutschland verbunden sind.
 

 Jürgen Weber  Bild: ©awc_ks
Sein Referat verband den Blick auf einen historisch erweiterten Flüchtlings- und Migrationsbegriff mit der aktuell in unserer Gesellschaft erfahrenen und diskutierten Situation. 
Jürgen Weber warf ein Schlaglicht auf vergangene, unfassbare Zustände mitten in Europa, indem er Fakten zu  den sog. Kaminfegerbuben ausbreitete. Diese Kinder wurden in der Schweiz und in Italien als Kaminfegersklaven verkauft. Sie mussten ihre Heimat, ihre Familien verlassen und kamen in aller Regel schon als Kinder elend um. Es gibt Berichte, dass diese Praxis noch im 20. Jahrhundert gängig war1.
Sein Referat gipfelte in der Frage, die Jürgen Weber schon in den Titel seines Referats hineingenommen hatte: Wie konntet ihr das zulassen? Er plädierte für einen solidarischen, die Menschenwürde achtenden Umgang mit allen Menschen, die schutzsuchend nach Deutschland kommen.
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1) z.B. eine Quelle aus der Schweiz

Zum Weiterlesen:

Einführung: Auch das ist unsere Gesellschaft [Ingrid Schittich]
Referat: Die psychosozialen Voraussetzungen einer Weltgesellschaft [Dr. Till Bastian]
Presseartikel vor der Tagung: Südkurier vom 07.10.2016
Presseartikel nach der Tagung: Südkurier vom 10.10.2016

 

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